Praxis R. .PEAM
Praxis R.
- Auftraggeber Objekt
- Nutzung Arztpraxis
- Leistungsumfang Konzept, Umbau, Interiordesign, Möbeldesign
- Ort Starnberg
- Jahr 2022

Keine gewöhnliche Arztpraxis
Die Ärztin hatte eine klare Vorstellung: Ihre Praxis sollte sich anders anfühlen.
Eine Praxis, die nicht wie eine Praxis aussieht. Kein kühles Weiß, kein steriles Ambiente, keine Wartezonen, in denen man sich unwohl fühlt. Stattdessen: Räume, die Vertrauen schaffen – schon im ersten Moment. Eine Umgebung, in der man sich willkommen fühlt. Nicht aus medizinischer Notwendigkeit, sondern aus echtem Gespür für Menschen.
Schon im ersten Gespräch war klar: Diese Räume sollten nicht nur den Patient:innen guttun, sondern auch dem Team. Denn hier wird viel Zeit verbracht. Hier wird zugehört, beraten, begleitet. Die Gestaltung sollte das unterstützen – nicht stören. Sollte ruhig wirken – ohne leblos zu sein. Und zeigen: Hier wird mit Zeit, Sorgfalt und echter Aufmerksamkeit gearbeitet.
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Klarheit. Ruhe. Und ein bisschen Zuhause
Wir sprechen bei PEAM oft von „healing architecture“. Denn Räume wirken. Immer. Sie können beruhigen oder überfordern. Halt geben oder Unruhe auslösen. Gerade in sensiblen Kontexten wie einer Arztpraxis zeigt sich das besonders deutlich.
Deshalb denken wir Gestaltung nicht nur aus ästhetischer Sicht, sondern immer auch aus der Perspektive derer, die täglich darin leben, arbeiten, warten. In Starnberg ging es darum, Räume zu schaffen, die Ruhe vermitteln – auch dann, wenn die Themen schwer sind. Und gleichzeitig Orte zu gestalten, in denen sich auch das Team zuhause fühlt. Denn echte Fürsorge braucht Räume, in denen man sich wohlfühlt.



Natürlichkeit statt Neutralität
Im Mittelpunkt stand für uns das Material. Viel naturbelassenes Eichenholz an Wänden und bei den Möbeln. Natursteinfliesen in feiner, matter Optik – verlegt am Boden, aber auch an den Oberflächen von Tresen und Sitzbänken. Dadurch entsteht der Eindruck, dass die Möbel förmlich aus dem Boden wachsen. Sie wirken nicht aufgesetzt, sondern verbunden mit der Architektur.
Die Palette ist bewusst reduziert: wenige Materialien, wenige Farben. Genau das bringt Ruhe. Keine Brüche, keine wechselnden Texturen, sondern fließende Übergänge. Alles wurde so gewählt, dass es sich nicht in den Vordergrund drängt – und eine ruhige und behagliche Atmosphäre entsteht. Die Holzjalousien vor den Fenstern filtern das Licht sanft. Der Raum bleibt offen, atmend, warm.
Es ist kein Raum, der etwas zeigen will. Aber einer, der etwas mit einem macht.



Möbel, die auf Menschen reagieren
Für dieses Projekt haben wir eine eigene Möbelkollektion entwickelt. Maßgefertigte Einbauten, Regale, Schreibtische, Empfangsbereiche und Wartebänke. Nicht als Module – sondern als individuelle Lösungen. Jeder Raum wurde einzeln betrachtet. Was wird hier gebraucht? Was darf sichtbar sein, was lieber nicht? So entstanden Möbel, die sich zurücknehmen – und genau deshalb so präsent sind.
Die Gestaltung folgt keinem Trend, sondern dem Anspruch, für Menschen zu gestalten. Für ihre Abläufe. Ihre Stimmungen. Ihre Arbeit.


Licht, das den Raum mitdenkt
Licht war von Anfang an ein zentrales Thema. Nicht nur funktionales Element, sondern als etwas, das Räume lenkt – und spürbar macht. Gemeinsam mit einem Lichtplaner haben wir ein Konzept entwickelt, das genau hinschaut: Wo braucht es Struktur und Klarheit – und wo darf der Raum zur Ruhe kommen?
In den Labor- und Behandlungsräumen sorgt gezieltes Licht für Übersicht und Präzision. In den Wartezonen und in den kleinen Rückzugsbereichen für das Team ist das Gegenteil wichtig: ein warmes, gedimmtes Licht, das nicht unterbricht, sondern begleitet. Gerade dort, wo Menschen sich sammeln, kurz innehalten oder entspannen möchten, entsteht so eine Atmosphäre, die fast wohnlich wirkt.
Unterstützt wird das Lichtkonzept durch Klassiker, die leise wirken – wie die Wandleuchte Wally von Miguel Milá oder die feine Schreibtischleuchte von Gino Sarfatti. Beide stammen aus den 1960ern, beide strahlen eine ruhige Selbstverständlichkeit aus. Kein großes Statement – aber genau das, was es braucht. Ein Licht, das nicht auffällt – aber einen Unterschied macht.


Wenn Architektur Nähe schafft
Für dieses Projekt wurden wir mit dem German Design Award 2023 in der Kategorie Excellent Interior Architecture ausgezeichnet. Eine Anerkennung, über die wir uns besonders freuen – nicht, weil es um Sichtbarkeit geht, sondern weil sie zeigt, dass Räume etwas auslösen können.
Bei PEAM beschäftigt uns die Frage nach der Wirkung von Gestaltung auf den Menschen seit jeher. Nicht das Möbelstück steht bei uns im Mittelpunkt, sondern das Gefühl, das entsteht, wenn alles zusammenpasst. Wenn ein Raum Klarheit schafft. Ruhe gibt. Und Nähe vermittelt – ohne aufdringlich zu sein.
Dass genau dieser Anspruch in diesem Projekt sichtbar geworden ist – und gespürt wurde – macht diese Auszeichnung für uns so besonders.


Ein Platz für’s Team
Gestaltung endet für uns nicht beim Empfang. Gerade in einer Praxis verbringen die Mitarbeitenden viele Stunden und genau deshalb war es uns wichtig, auch diesen Bereich mit der gleichen Sorgfalt zu gestalten.
Entstanden ist ein kleiner Ort für Pausen. Mit einer wohnlichen und funktionalen Küchenzeile, einer Sitzecke, die Wärme ausstrahlt, und genug Ruhe, um kurz durchzuatmen. Nichts Großes, nichts Überinszeniertes. Einfach ein Ort, der gut tut.
Dass hier mitgedacht wurde, spürt man. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum sich das Team so mit seiner Praxis verbunden fühlt. Weil sie zeigt: Auch das Miteinander braucht einen Platz.

Christine Bauer